Alles Street? – Streetfotografie heute und Straßenfotografie damals

Die Überschrift in diesem Artikel zeigt schon die Mischung, die hier zu finden ist.

Es gibt kaum noch ein ß, stattdessen nur noch Doppel-S. Es gibt immer weniger deutsche Wörter und stattdessen immer mehr englische Begriffe.

So wurde aus der Straße die Street. Nur die Photography ist nicht zur Photographie geworden sondern zur Fotografie.

Es wäre der englischen Sprache zu wünschen, wenn Sie ihr PH gegen das F eintauschen würde. Das würde vieles einfacher machen.

Nun gut!

Was ist eigentlich ein Streetfoto und was ist kein Streetfoto?

Das folgende Foto ist ein Streetfoto. Es ist Fineart-Streetfotografie, weil es eine Geschichte erzählt, die Persönlichkeitsrechte beachtet und vieles mehr. Es ist zudem geometrisch angeordnet. Man könnte aus dem Foto sogar noch mehr Geschichten machen, wenn man es beschneiden würde. Allein die beiden Männer weiter hinten sind eine Geschichte für sich.

Foto: Michael Mahlke
Foto: Michael Mahlke

Das nun folgende Foto ist keine Streetfotografie:

Foto: Michael Mahlke
Foto: Michael Mahlke

Es ist zwar auf einer Strasse aufgenommen aber hält nur eine Anordnung fest und erzählt keine Geschichte. Sicher wird es einige Leser geben, die so etwas für Streetfotografie halten.  Erlaubt ist alles.

Aber ich würde Abstufungen vornehmen und dieses Foto als Fotografie mit Motiven von der Strasse einordnen wollen.

Damit wären wir bei Streetfotografie und Fotografie mit Streetmotiven.

Völlig neu ist nun die Street Style Fotografie.

Da wird alles zu Street, egal wo und wie.

Denn hier geht es rein um Imagebildung, wenn mich mein Eindruck nicht trügt.

Obwohl niemand auf der Straße leben möchte, ist das Leben auf der Straße die interessanteste Quelle für fotografische Motive im Rahmen der Streetfotografie.

Auf der Strasse sehen wir die Menschen und damit die Welt der Begegnungen. Aber natürlich sind es geformte soziale Orte der Begegnung durch räumliches Gestalten oder Nicht-Gestalten.

Streetfotografie könnte nicht in der Wüste stattfinden.

Sie braucht irgendwie die Straße dort, wo Menschen sich treffen.

Es ist Fotografie auf der Straße im Dorf oder in der Stadt.

Dadurch ist sie immer auch zum Festhalten öffentlicher sozialer Gebrauchsweisen in jeder Form geeignet.

So steht Street für die Begegnung.

Mit sich und anderen.

Und da schließt sich der Kreis.

Damals entdeckte man mit der Straßenfotografie die Welt und sich selbst.

Heute entdeckt man mit der Streetfotografie sich selbst und die Welt.

Es ist also eine Art etwas zu tun unabhängig von der Frage analog oder digital.

Es geht um den Prozess des Entdeckens.

Das ist unendlich.

So wartet die Welt auf gute Streetfotografie so wie sie damals auf gute Straßenfotografie gewartet hat.

Es gibt also viel zu fotografieren.

Immer wieder.

Nachtrag einen halben Tag später:

Heute ist der Tag der Strassenfotografie.

Nun habe ich diesen Artikel veröffentlicht und zeitgleich hat Andreas Herzau auch einen Artikel über Strassenfotografie publiziert.

Er schreibt: „Der Begriff “Streetphotography” beschreibt lediglich den Modus Operandi des Fotografierens, genauso wie das Fotografieren in geschlossenen Räumen mit all möglichen Hilfsmitteln, wie Blitzanlagen etc. als “Studiophotography” bezeichnet wird.“

Er kommt zu demselben Schluß wie ich weiter oben:

„Es ist also eine Art etwas zu tun unabhängig von der Frage analog oder digital. Es geht um den Prozess des Entdeckens.“

Faszinierend!

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/