Albert Camus in Bildern und Dokumenten von Catherine Camus

Ich gebe zu, ich bin befangen. Albert Camus war einer (wenn nicht) der Gedankengeber, die mein Leben wesentlich beinflussen. Und nun gibt es schon in 2. Auflage ein wunderschön gemachtes großes Buch von seiner Tochter „Albert Camus in Bildern und Dokumenten“.

Meine Ansprüche an das Buch waren sehr hoch, denn Albert Camus ist nun mal sehr wichtig für mich.

Konnten diese Ansprüche befriedigt werden? Ich war gespannt.

„Albert Camus ist nicht irgendein Vater, sondern Albert Camus ist mein Vater.“ So beginnt seine Tochter Catherine Camus das Buch.

Später schreibt sie: „Und so habe ich mich mit Blick auf all jene, die Camus kennen oder auch nicht kennen, über alle Bedenken hinweggesetzt, die Schwierigkeiten und Unzulänglichkeiten akzeptiert, den unvollkommenen Charakter des ganzen Unterfangens in Kauf genommen und schließlich mit der tatkräftigen Unterstützung von Marcella Mahaseta versucht, sein Leben nachzuzeichnen… an Hand von Photographien in chronologischer Abfolge.“

Das hat dem Buch gut getan. Es ist ein „echter“ Camus. Bevor ich das Buch aufgeschlagen habe, dachte ich, was kann das Buch mir neues bringen?

Als ich es gelesen hatte, da war mir klar, dass der Blick der Tochter auf den Menschen, der diesen dann in eine Beziehung zum Werk setzt, völlig anders ist wie der Blick von mir auf das Werk.

Ja klar ist der anders, aber dazu braucht es eines solchen Buches, um dies so konkret auch sehen zu können.

Interessant ist auch die Gedankenauswahl. Catherine Camus hat vielfach Gedanken ausgewählt, die ich zum Teil erst jetzt neu entdecke. Es sind andere als die, die mir meine Richtung gegeben haben.

Aber das Buch ist auf mehreren Ebenen ein Genuss: es zeigt die Gedankenwelt eines Schriftstellers und Philosophen(?), der das Leben selbst annimmt, es zeigt den Blick der Tochter auf den Vater und es zeigt die Biografie eines Menschen in Gedanken, Fotografien und seiner Entwicklung.

„Jeder Künstler besitzt nämlich in seinem tiefsten Inneren eine einzige Quelle, die sein Leben lang speist, was er ist und was er sagt.“

Dieser Gedanke aus Licht und Schatten zieht sich durch das Buch. Albert Camus schrieb in Bildern.

Wie sagte er selbst einmal? „Man denkt nur in Bildern. Wenn du Philosoph sein willst, schreib Romane.“

Ich bin auf den Zusammenhang von Albert Camus und die Fotografie schon an anderer Stelle eingegangen.

Aber das Buch in der Edition Solms ist auch fotografisch etwas Besonderes.

Es ist ein Beispiel für die sozialen Gebrauchsweisen der Fotografie in ihrer Entwicklung. Da das Buch einen erheblichen Teil des 20. Jhrdts. umfasst, ist auch die Entwicklung der Fotografie in verschiedenen sozialen Gruppen und Funktionen zu sehen.

Familienfotos aufgeteilt nach Generationen, Klassenfotos, alte Schnappschüsse sind die eine Seite. Ein anderes Thema ist der Künstler und Theatermacher bei der Arbeit. Dann gibt es Fotos wie Albert Camus sich öffentlich einmischt. Und es gibt z.B. die Porträts von Henri Cartier-Bresson, die Albert Camus bis heute auch bildlich berühmt gemacht haben.

Alles dies gibt es nur in diesem Buch.

Je länger ich nun über das Buch von Catherine Camus schreibe, desto mehr inspiriert es mich. Was kann man besseres über ein Buch sagen?

Das Buch ist nicht unbedingt eine Einführung in das Werk. Es ist viel mehr. Es ist für Menschen, die die Gedanken von Camus kennen, eigentlich die beste Ergänzung, die man sich denken kann, denn es inspiriert zur neuen Auseinandersetzung mit sich selbst und der Umwelt.

Und es ist für fotografisch interessierte Menschen ein sehr gelungenes und interessantes Beispiel für die Entwicklung und die Veränderungen von Fotografie in sozialen Zusammenhängen am Beispiel von Albert Camus.

Eine Vorschau des Buches findet man hier und kaufen kann man es u.a. hier:

Edition-Olms

Hrsg. Catherine Camus

ALBERT CAMUS
Sein Leben in Bildern und Dokumenten

Übersetzung aus dem Französischen von Alwin Letzkus. 224 Seiten mit 550 Fotos und Illustrationen. Hardcover im Folio-Format 28 x 33 cm

ISBN10: 3-283-01151-6
ISBN13: 978-3-283-01151-2

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert